vfdb fordert Allianz „Innovationen in der Gefahrenabwehr“
70. Jahresfachtagung der vfdb in Magdeburg mit über 650 Teilnehmenden
Sie sollen andere schützen und bringen sich selbst in Gefahr: Einsatzkräfte von Feuerwehren und Rettungsdiensten. Die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) hat deshalb an die Bundesländer appelliert, mehr für deren Sicherheit zu unternehmen. Auch reiche ein jährliches Investitionsvolumen von 60 Millionen Euro als Anschubfinanzierung des Bundes für Forschung nicht aus, sagte vfdb-Präsident Dirk Aschenbrenner auf der 70. Jahresfachtagung der vfdb, zu der über 650 Fachleute aus Deutschland und dem benachbarten Ausland nach Magdeburg gekommen sind. Der Kongress mit mehr als 50 Vorträgen stand in diesem Jahr unter dem Motto „Was tun wir für die Sicherheit im Einsatz?“
„Sicherheit im Einsatz ist auf Innovationen angewiesen“, betonte Aschenbrenner und wies auf die zunehmenden Herausforderungen bei der Gefahrenabwehr hin. Vorhandene Fähigkeitslücken müssten geschlossen werden. Als Beispiel nannte er das schon vor zehn Jahren mit Bundesmitteln geförderte deutsch-französische Projekt „Anchors“ –ein neues System zur Lageerfassung. Dabei werden aus sicherer Entfernung mit Sensoren bestückte Roboter losgeschickt, die – beispielsweise bei einem Reaktorunfall – am Boden und in der Luft beispielsweise Temperatur und Gefahrstoffkonzentration messen können. Auf diese Weise könne ein Einsatz mit der größtmöglichen Sicherheit für die Rettungskräfte geplant und durchgeführt werden.
Das Projekt zeige, dass sowohl das Problem erkannt als auch die Lösungsmöglichkeit gefunden sei. „Passiert ist seitdem jedoch nichts“, kritisierte Aschenbrenner. Hier seien die Bundesländer gefordert. Der vfdb-Präsident forderte deshalb eine Allianz „Innovationen in der Gefahrenabwehr“.
Schwerpunktthema: Schutz von Kulturgut
Die Vielfalt der Herausforderungen, mit denen die Einsatzkräfte täglich konfrontiert sind, spiegelt sich auch in den weiteren Schwerpunktthemen wider. Dazu gehört beispielsweise der Schutz von Kulturgut, dessen Bedeutung gerade erst durch das verheerende Feuer in der Kopenhagener Börse und den Brand der Kathedrale Notre Dame vor fünf Jahren ins Bewusstsein gerückt war.
Aber auch Vegetationsbrände, die es insbesondere in Zeiten des Klimawandels immer häufiger zu bekämpfen gilt, standen im Mittelpunkt zahlreicher Vorträge und Diskussionen. In diesem Zusammenhang wies vfdb-Vizepräsidentin Dr. Anja Hofmann-Böllinghaus auf das europäische Forschungsprojekt „TREAADS“ hin, in dem der Einfluss der lokalen Vegetation in den Modellregionen Sachsen-Anhalt und Brandenburg wissenschaftlich untersucht wird. Demnach können neue wassersparende Löschtechniken die Sicherheit im Einsatz verbessern.
Brandverhalten von Batterien
Auf reges Interesse stießen Berichte zu Erfahrungen mit Vorfällen im Zusammenhang mit Lithium-Batterien und ein ausgestellter Demonstrator, den wissenschaftliche Mitarbeitende der vfdb und des Instituts der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen (IdF) im Rahmen eines Forschungsprojekts entwickelt haben. Mit seiner Hilfe kann das extreme Brandverhalten von Batterien – die Experten sprechen von „thermischem Run-away“ – anschaulich vorgeführt werden. Der Demonstrator ist der erste seiner Art und gibt Einsatzkräften die Möglichkeit zu üben, wie sie mit diesen Gefahrenherden im Einsatz umgehen sollten.
Die Wissenschaftskommunikation gehörte neben der Weiterbildung rund um Schutz, Rettung und Sicherheit und dem großen Themenbereich Katastrophenschutz zu den weiteren Schwerpunkten im Kongressprogramm. Breiten Raum nahm angesichts der aktuellen Entwicklung auch die Auseinandersetzung mit dem Themenfeld Bevölkerungsschutz ein. Vor Journalisten wies Präsident Aschenbrenner darauf hin, dass die vfdb vor dem Hintergrund der zunehmenden Relevanz eines funktionierenden Bevölkerungsschutzes für die Resilienz der Gesellschaft in Krisensituationen ein „Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz" innerhalb der eigenen Organisation geschaffen habe. Damit solle auf Fragestellungen aus Politik und Gesellschaft kurzfristig reagieren werden können und ein Beitrag zur Etablierung wissenschaftlich fundierter und praxisorientierter Lösungen geleistet werden.
Dank an die Gastgeber
Neben dem vielseitigen Vortragsprogramm lobten die Teilnehmer der Fachtagung die Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen, Erfahrungen auszutauschen, voneinander zu lernen und gemeinsame Strategien für eine verbesserte Sicherheit zu entwickeln. vfdb-Generalsekretär Roman Peperhove, der für den Gesamtablauf verantwortlich war, nannte die 70. Jahresfachtagung ein Jahr vor dem 75. Geburtstag der Organisation einen vollen Erfolg. Besonders hob er die Gastfreundschaft der Stadt Magdeburg und ihrer Feuerwehr hervor. Mit Interesse besuchten die Kongressteilnehmer auch eine Ausstellung von rund 40 Institutionen und Dienstleistern aus dem Bereich der Gefahrenabwehr. Dicht umlagert war ein Simulator, an dem Interessierte einmal die Alarmfahrt in einem Rettungswagen erleben konnten.